Ach was muss man oft von bösen Digitalisierungsängsten hören oder lesen. Immer wieder. Eigentlich ist doch dazu alles gesagt, dachte ich. Vor der Digitalisierung waren es die Roboter, davor der Computer, das Auto, die Dampfmaschine, …. und sicher wird sich irgendwann eine Höhlenzeichnung finden, in der ein Steinzeitmensch die Erfindung des Rades sorgenvoll bejammert. Technologieängste gibt es, seitdem es Menschen gibt (naja, so ungefähr wenigstens). Sie waren immer unbegründet. Technologie war nie wirklich das Problem. Wir sind es, die heute die Dynamik um uns herum sorgenvoll beklagen und Ängste schüren, statt zum „könnenden Probieren“ zu ermutigen. Mit dem „könnenden Probieren“ meine ich eine experimentelle Grundhaltung, allerdings nicht die eines Ahnungslosen, der mit der Stange im Nebel mal was rumprobiert; vielmehr die eines Könners, der mit theoretischem Fundament, Talent und viel Erfahrung sich was traut und schnell lernt. Das jedenfalls ist in komplexen Umfeldern die einzig erfolgversprechende Strategie, darüber habe ich an dieser Stelle bereits öfter geschrieben (siehe zum Beispiel hier, hier und hier. Gemerkt habe ich mir auch: „If the rate of change on the outside exceeds the rate of change on the inside the end comes near!“
Doch unter Business-Kaspern ist die digitale Transformation noch immer das Thema schlechthin. Viel wird verbreitet, was zu oft nur beweist, dass das Thema wenig reflektiert und nicht verstanden worden ist. Eine Webseite oder ein Social-Media-Account, eine Industrie 4.0 Studie zur Ausstattung einer industriellen Fertigung mit Sensorik zwecks Produktivitätsverbesserung sind nicht „digitale Transformation“ oder gar Disruption. Zur Begriffsklärung:
Bei einer digitalen Transformation geht es primär darum, technologische Mittel an ein verändertes Kundenverhalten anzupassen. Das müssen nicht unbedingt spektakuläre Dinge sein, ich denke da mehr so an das heutzutage alltäglich erwartete: Stimmende Produktdaten, Informationen über die Verfügbarkeit eines Artikels, digitale Bestellmöglichkeiten, einsichtige Prozesse wie Status-Tracking, die einfach und kundenfreundlich über das Internet verfügbar sind. Ein bestehendes Geschäftsmodell wird mit digitalen Mitteln und Werkzeugen abgewickelt, vielleicht ein wenig schneller und günstiger. So einfach ist das, gar nicht kompliziert und hochtrabend.
Eine Disruption hingegen löst ein bestehendes Kundenproblem auf eine völlig neue Art und Weise. Das kann digitale Elemente enthalten, das wird in dieser Zeit häufig der Fall sein, muss es aber nicht. Was allerdings zutrifft: der beschleunigte technische Fortschritt macht neue und disruptive Modelle in immer kürzeren Abständen möglich. Im Kern geht es um neue Geschäftsmodelle
Die meisten Unternehmen scheitern nicht an Technologien, sondern an ganz kleinen Dingen. Die haben ihre Wurzeln meist in einer Mentalität, die von Verlustängsten geprägt ist, von der Sorge etwas traditionell Funktioniernedes zu „kannibalisieren“. Darauf folgt zögerliches Vorgehen, halbgare Investitionen und wenn dann etwas nicht so funktioniert, dann hat es irgendeiner bestimmt schon vorher gewusst. Es wird einfach zu viel geredet und zu wenig gemacht! Man könnte es wissen, eigentlich. Aber wer traut sich?
Wer es schon nicht schafft, Digitalisierung in seinem Umfeld voran zu bringen, der braucht sich an neue Geschäftsmodelle gar nicht erst heranzutrauen. Das erste ist ein Treppenwitz gegenüber dem Zweiten. Warum gibt es eigentlich so viele Start-ups? Die Antwort ist einfach: Etablierte Player verschlafen Veränderungen. In von Unsicherheit und Dynamik geprägten Zeiten müssen Unternehmen egal ob etabliert oder an der Startrampe mehr Risiko nehmen. Wer nicht über sein Geschäftsmodell nachdenkt und Bereitschaft zum Umbau zeigt wird lernen, dass bei Vorliegen eines äußeren Anlasses es dazu oft zu spät ist. Während die einen rumeiern, schaffen die anderen Fakten. Die einen belächen am Anfang, die anderen lächeln dann oft später.
Soweit das Gerede. Jetzt müssen wir nur noch „machen“!