Fundstück: Gemeinsam denken, wirksam verändern!

 

Was immer jemand über ein Buch erzählt oder schreibt, bringt mit ziemlicher Sicherheit mehr über ihn als über das Buch zum Ausdruck. So hier mit meinen Gedanken über ‚Gemeinsam denken, wirksam verändern‘ von Stephanie Borgert. Diese meine Zeilen verraten, dass ich das Buch klasse finde. Und dazu vielleicht ein wenig darüber, was mir im Leben wichtig ist und was ich in 45 Berufsjahren selbst erlebt und erfahren habe

Ein Buch, das den Gedanken auslöst: „Endlich bringt jemand all die lose herumschwirrenden Gedanken in eine klare, fundierte Form“ ist sowas wie eine „5 Sterne“-Bewertung. So ist es hier für Stephanie Borgerts „Gemeinsam denken – wirksam verändern“. Ein Buch, das sich mit komplexen Systemen, der Dynamik von Organisationen und den Herausforderungen nachhaltiger Veränderung beschäftigt – und erfrischend anders ist als die üblichen Ratgeber zum Thema Change-Management. Wenn ich das behaupte, soll das besonders glaubwürdig rüberkommen. Schließlich habe ich mich ein ganzes Berufsleben lang im gleichen Dschungel wie Stephanie bewegt. Wir haben so einige Gemeinsamkeiten in unseren Lebens- und Berufserfahrungen entdeckt, zum Beispiel in unseren Biografien: Wir kommen beide aus dem Pott. Stephanies Klartext und ihre direkte, eingängige Art sind mir sehr vertraut, sie finden sich auch in dem Buch wieder. Leute aus dem Ruhrgebiet sagen über sich selbst: „ Wir tragen die Seele auf der Zunge“ – genau das spüre ich.

Der organisationale Diskurs: Ein Denk- und Arbeitswerkzeug

Was mich besonders begeistert, ist das von Stephanie vorgestellte Werkzeug des „organisationalen Diskurses“. Es ist keine neue Workshop-Methode oder ein weiteres Change-Tool, sondern ein durchdachtes, systematisches Denk- und Arbeitswerkzeug, das tief in der Theorie verwurzelt ist und gleichzeitig praxisnah bleibt. Stephanie beschreibt den organisationalen Diskurs als das Beobachten des Regelwerks einer Organisation, im „Beratersprech“ Unternehmenskultur genannt: Was wird besprochen? Wie wird es besprochen? Wer ist daran beteiligt? Dabei wird klar, dass die Dinge oft erst von außen – also aus einer metareflexiven Perspektive – wahrnehmbar werden.

Der Prozess selbst folgt vier Schritten: Reflect, Irritate, Declare, Agree. Beobachtungen, Normen und Bewertungsmuster werden auf den Tisch gelegt, Irritationen schaffen Raum für neue Impulse, und es entsteht eine Dynamik, die zu wirksamen Veränderungen führen kann. Wichtig: Es geht dabei nicht um Konsens. Unterschiedliche Meinungen sind nicht nur erlaubt, sondern gewünscht. Passende Lösungen entstehen oft gerade durch die Spannung und Diversität der Sichtweisen.

Theorie und Praxis perfekt verzahnt

Was dieses Buch so besonders macht, ist die gelungene Verbindung von Theorie und Praxis. Stephanie schafft es, die oft sperrig wirkenden Grundlagen der Systemtheorie, von Denkern wie Luhmann, Foucault oder Habermas, nicht nur zugänglich, sondern geradezu spannend darzustellen. Der Leser gewinnt ein Verständnis dafür, warum die üblichen Change-Ansätze – wie die berühmte Change-Kurve oder Kotters acht Schritte – oft scheitern: Sie sind linear gedacht und basieren auf vereinfachten Menschenbildern. Organisationen hingegen sind komplexe Systeme, in denen es keine einfachen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge gibt.

Der organisationale Diskurs bietet eine echte Alternative, weil er nicht auf schnellen Lösungen basiert, sondern auf einem gemeinsamen Reflexions- und Lernprozess. Dass dies funktioniert, zeigt sich auch in den Praxisbeispielen, die Stephanie gemeinsam mit ihrem Team von qohubs anbietet – Gelegenheiten, den Diskurs an echten Herausforderungen auszuprobieren.

Wer sich schon die Finger an den Strohfeuern der  üblichen Scheinlösungen verbrannt hat, wird dieses Buch lieben. Es bietet keinen schnellen Fix, sondern ein Werkzeug, mit dem echte, tiefgehende Veränderung möglich wird. Und es macht Mut: Nicht die Menschen in Organisationen sind das Problem, sondern die Strukturen, in denen sie arbeiten. Mit dem organisationalen Diskurs zeigt Stephanie überzeugend, wie diese Strukturen reflektiert und sinnvoll weiterentwickelt werden können.

Ein großes Plus: Trotz des theoretischen Anspruchs liest sich das Buch leicht und inspirierend. Man legt es immer wieder zur Seite, um über eigene Muster nachzudenken oder zu staunen, welche Erkenntnisse man gewinnen kann. Für alle, die sich ernsthaft mit der Transformation von Organisationen beschäftigen, ist dieses Buch ein Muss. Klar, fundiert und mit einem Werkzeug, das überzeugt.

Der guten Ordnung und Vollständigkeit halber: Zum Buch gehört ein Bonusprogramm: Man kann Gelerntes auch ausprobieren. Stephanie und ihr Team von qohubs bieten Praxisbeispiele an, bei denen man die Wirkung dieses Ansatzes direkt erleben kann. Und ich sage Euch: Man bleibt nicht vor Erkenntnissen geschützt – gerade über die eigenen Denk- und Handlungsmuster. Mehr geht nicht.

Glück auf! Weitermachen!

 

 

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