Mittelmaß? Nein danke!

 

Die hyperverbundene Welt fördert und schafft Mittelmäßigkeit. Interessante These, auf die ich da gestoßen bin (hier). Entweder bist Du Spitzenklasse in dem, was Du tust. Oder Du wirst schnell zur Commodity, weil die Originalität Deines Beitrags zum Gelingen dieser Welt nicht ins Gewicht fällt oder epigonenhaft (nachahmend) bleibt. Ruhm und Copyright gehören den Erfindern, die lassen sich im universellen und nichts vergessenden Internet immer aufspüren, wenn gewollt und durchsetzbar. Das Paradox der Wertepolarisierung: in unserer verbundenen Welt wird die die Kluft zwischen den Habenden und den Nicht-Habenden größer, beim Vermögen und beim geistigen Eigentum. Diese Botschaft erschreckt doch erstmal, oder? Worin bin ich denn Spitze? Champions-League? Wer sind eigentlich meine Epigonen und wo finde ich sie? Im schlimmsten Fall gibt es keine, bin ich dann Commodity?

Es lohnt sich, über diese Frage nachzudenken. Einmal für seine eigene persönliche Mastery, seine persönliche Entwicklung, für einen selbst. Leben müssen wir auch von etwas, und wenn ich schon in etwas „Spitze“ sein soll, dann sollte ich davon auch leben können, oder? Mittelmaß hat es immer schon schwer gehabt, heute erst recht. Wir werden nicht dümmer oder unfähiger. Das Umfeld verändert sich, da müssen wir eben eine Idee finden, mit was wir vor uns und der Welt in Zukunft punkten können. Neben der Genialität in einer Einzeldisziplin gibt es andere Felder, die an Bedeutsamkeit gewinnen und Chancen für einen Platz in der Bundesliga bieten. Der Autor der These (s.o.) selbst nennt drei solcher Bereiche:

Expertise erstens: Die Fähigkeit aus der unendlichen Fülle von Informationen umsetzbaren Nutzen zu schaffen. Diese Fähigkeit integriert Spezialwissen in einen ganzheitlichen Zusammenhang, ist eher breit als tief, up to date und relevant für konkrete Vorhaben. Zweitens gute Beziehungen, ein vorzügliche Netzwerk. Neues entsteht nur durch Verbindung von Menschen, Ideen, Einsichten und Erfahrungen. Wer unterschiedliche Expertisen zusammenbringen kann, sie vernetzt und unterschiedliche, diverse Sprachen und Fachsprachen „facilitaten“ (hier fehlt ein deutsches Wort. Moderator ist zu wenig, die Qualität eines Facilitator trifft das besser, oder? Am Besten noch: Ermöglicher!) kann, hat einen festen Platz im Herzen künftiger Wertschöpfung. Innovation schließlich als dritte Domäne entsteht aus verbundenem Wissen, aus dem Zusammenwirken von Ideen, Erfahrungen, fruchtbarem Austausch und Erfahrung. Neue Ideen und Bekanntes zu neuen Verbindungen verknüpfen lassen neue Perspektiven entstehen, die Innovatives und Besonderes fördern.

Also keine Angst vor dem Mittelmaß! Neue Tugenden und Fähigkeiten zur „Personal Mastery“ braucht es allerdings schon, die kommen bekanntlich nicht im Selbstlauf, unser Erziehungs- und Bildungssysteme sind auch nicht auf ihre Vermittlung ausgerichtet. Jenseits aller Lernziele und Curricula: wir können sie auch nicht „machen“. Menschliche Systeme unterliegen nicht der Input-Output-Gesetztmäßigkeit, sie folgen dem emergenten Zusammenspiel von Vielfalt und Diversität. Steven Johnson beschreibt das Beispiel zweier Gruppen, die unabhängig voneinander ein Problem lösen sollen. Die eine Gruppe besteht aus Menschen mit einem weit überdurchschnittlichen IQ, in ihrer Zusammensetzung relativ homogen. Die zweite Gruppe mit überdurchschnittlichem, aber deutlich geringeren IQ, jedoch einer breiten und diversen Zusammensetzung von Fähigkeiten. Das Ergebnis: Vielfalt schlägt Fähigkeit. Bei der Lösung anspruchsvoller und kniffliger Herausforderungen ist Diversität nützlicher als herausragende persönliche Fähigkeiten. Willst du Diversität, musst Du den Anspruch auf kontrollierende Beherrschung aufgeben. „The more you face uncertainty, the more inefficient your organisation needs to be, because that leaves room für resilience.“ (Dave Snowden)

Mittelmäßigkeit ist kein Schicksal. Packen wir es also an.

 

 

 

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