Das „Prinzip Hoffnung“, Hauptwerk von Theordor W. Adorno, hat mich einst in studentisch bewegten Zeiten sehr angesprochen. Nach den Schrecken des Nazi-Krieges schienen sozialistische Ideen eine vernünftige Perspektive. Blochs Ansatz verknüpfte marxistische Sichtweisen mit den Hoffnungen auf ein besseres Leben für alle. Gesellschaft und Politik waren im Aufbruch, das politische Credo der ersten sozialdemokratisch geführten Bundesregierung „Mehr Demokratie wagen“ war geistig eng verknüpft mit Blochs Forderung: Möglichkeit verwirklichen. Die sozialistischen Ideen haben seither an Ausstrahlung und Attraktivität verloren, Blochs Gedanken und Prinzipien haben ihre Aktualität und Bedeutung behalten.
Pessimismus ist bekanntlich er einzige Mist, auf dem nichts wächst. Zugegeben, auf Optimismus wächst auch nichts. Doch Pessimismus geht Hand in Hand mit Lethargie, weil ein schlechtes Ende unausweichlich ist. Nun wird Optimismus allein die Welt nicht verändern, er kann im Verbund mit Hoffnung allerdings Kräfte und Energien freisetzen. Einfach nur Optimismus wäre angesichts der realen bewaffneten Auseinandersetzungen auf der Welt, despotischer Autokraten und bedrohlicher Veränderungen unseres Lebensbedingungen naiv. Die Realität beweist jeden Tag, dass es genügend Anlässe zu Angst und Sorgen gibt.
Hoffnung ist eine aktivistische Haltung, die Orientierung gibt und Handlungsfähigkeit erzeugt. Hoffnung hält uns in Bewegung. Für ihre Wirksamkeit braucht sie allerdings eines: Aktion. Ein jeder muss etwas tun, getragen von Optimismus und Hoffnung. Krise kann Chance sein – aber nur dann, wenn wir nicht einem naiven Optimismus anhängen. Bequeme Formen der Selbstberuhigung verändern die Welt nicht. Die Hoffnung nicht verlieren, das wäre nützlich. Nur Hoffnung motiviert Engagement. Dieses Engagement brauchen wir: zivilgesellschaftlich und wissenschaftlich, unternehmerisch und politisch. Aus aktuellem Anlass muss man wohl ergänzen: gelegentlich auch militärisch. Perspektiven liegen allerdings nur in zivilen Bereichen, ihnen müssen Aufmerksamkeit und Engagement gelten.
„Ich bin! Aber ich habe mich nicht! Darum werden wir erst!“ Diese drei Staccatosätze bringen Blochs Prinzip Hoffnung auf den Punkt. Das Sein löst sich im Werden auf, in einen Prozess, der erst in Zukunft zum Ziel kommt. Wir dürfen uns nicht auf eine schlechte Gegenwart einrichten oder uns in falschen Sicherheiten und Scheinwahrheiten ergeben. Sentimentale Träume sind fehl am Platze, es gibt keinen idealisierten Ur-Zustand, schon gar nicht in der Vergangenheit. Die Zukunft ist das zu erobernde. Um das zu erreichen genügen nicht wohlfeile Tagträume und nette harmlose Phantasien, das müssen wir uns hart erarbeiten, erschaffen, Veränderung müssen wir wollen.